Was:     Ein Mentoring-Programm zu Tanz, Choreographie und Performance für Künstler*innen aus Afghanistan.

Wo:       Berlin

Wann:   14./15.06.2025, Kick-Off
              15. – 20.06.2025, erster Mentoring-Block
              14. – 19.07.2025, zweiter Mentoring-Block
              22. – 27.09.2025, dritter Mentoring-Block
              Eine Woche in der ersten Novemberhälfte: vierter Mentoring-Block + öffentliche Showings

Deadline Bewerbung: 20.04.2025 (23:59 Uhr MEZ)

Sprachen: Wir können Englisch, Deutsch, Farsi und Französisch anbieten. Personen, die nur Farsi sprechen können wir Übersetzung gewährleisten.

Wir bieten:

• ein Format, das dazu einlädt, die eigene künstlerische Praxis zu reflektieren und weiter zu entwickeln, u.a. durch die Erprobung von Strategien der Dramaturgie, der Produktion, der Vermittlung und der Vernetzung.
• begleitendes Mentoring durch drei erfahrene Mentor*innen, dass sich an den Bedürfnissen und Fragestellungen der Teilnehmenden orientiert. Die Mentor*innen adressieren die Teilnehmenden als Künstler*innen mit professionellen Profilen sowie individuellen Lebens- und Migrationsrealitäten. Der Begriff „Mentoring“ wird als ein Konzept des gegenseitigen Lernens und Lehrens verstanden, auf der Basis einer Neugierde für unterschiedliche Perspektiven und Erfahrungen.
• Öffnung des eigenen künstlerischen Prozesses für ein externes Publikum.
• Austausch und Feedback zu schriftlichen Konzepten, Anträgen oder Bewerbungen im Rahmen eigener Projekte.
• kürzere Inputs von Künstler*innen, Kurator*innen und Aktivist*innen aus Afghanistan und der Berliner Szene, die den Mentoring-Prozess begleiten.
• ein pauschales Honorar in Höhe von 900 Euro.
• Reisekosten und Unterkunft für Teilnehmende, die nicht in Berlin leben.
• Die Möglichkeit einer Zusammenarbeit mit tanzpol über das Mentoring-Programm hinaus, v.a. im Rahmen des tanzpol Festivals 2026 (in Planung).

Für wen:

 Das Programm adressiert professionell arbeitende Künstler*innen aus Afghanistan, die sich in den Bereichen Tanz, Choreographie und Performance verorten, oder die sich in diese Bereiche fundiert einarbeiten möchten. Hybride professionelle Biographien an Schnittstellen zwischen Tanz, Performance, Bildender Kunst, Film oder Theater sind willkommen. Internationale Künstler*innen sowie Künstler*innen-Gruppen sind ebenfalls eingeladen sich zu bewerben. Bei Gruppenbewerbungen wird das pauschale Honorar über 900 Euro pro Gruppe gezahlt, nicht pro Person.

      Studierende sind von der Bewerbung ausgeschlossen.

Sandra Noeth ist Professorin am Hochschulübergreifenden Zentrum Tanz Berlin (HZT) und arbeitet international als Kuratorin in unabhängigen und internationalen Kontexten. Seit über zwanzig Jahren begleitet sie Künstler*innen als Dramaturgin in ihren Forschungs- und Arbeitsprozessen; von 2009 bis 2014 war sie leitende Dramaturgin am Tanzquartier Wien. In ihrer dramaturgischen Praxis und in verschiedenen Mentoring-Projekten befasst sie sich insbesondere mit Strategien des kollektiven Lernens und Arbeitens in der Kunst sowie mit Arbeitsmethoden, die außerhalb des westlichen Kanons entwickelt wurden. Ihre eigenen Forschungs- und Publikationsprojekte zielen häufig darauf ab, Wissen aus unterschiedlichen künstlerischen, sozialen, politischen und aktivistischen Bereichen und Disziplinen zusammenzuführen, um aktuelle soziopolitische Entwicklungen zu reflektieren. Aktuelle Projekte fokussierten auf die Rolle, den Status und die Handlungsfähigkeit von Körpern in Grenzprozessen; die Beziehung zwischen Kunst, Körpern und ungleichen Schutzpolitiken; die Verkörperung von Gewalt; die Performativität von Klassendynamiken in der Kunst sowie den ambivalenten Status des Körpers im internationalen humanitären Recht. Sandra arbeitete unter anderem als Lehrende an der SKH-Stockholm University of the Arts und Ashkal Alwan Beirut. Sie ist Autorin von Resilient Bodies, Residual Effects. Borders and Collectivity from Lebanon and Palestine (transcript, 2019) sowie Mit-Herausgeberin von Breathe. Critical Investigations into the Inequalities of Life (mit J. Janša, 2023) und Shielding: Body-based Studies on Integrity and Protextion (mit J. Janša und S. Umathum, 2024). Sprachen: Englisch, Deutsch und Französisch.

© Sandra Noeth

Hooman Sharifi wurde 1973 in Teheran geboren und kam im Alter von 15 Jahren allein nach Norwegen. Seine tänzerische Laufbahn begann in seinen Teenagerjahren mit Hip-Hop und entwickelte sich in seinen Zwanzigern weiter durch klassisches und modernes Ballett. Er schloss sein Choreografie-Studium an der Oslo National Academy of the Arts ab und interessiert sich vor allem für künstlerischen Ausdruck der Schnittstelle von Tanz, Theater und bildender Kunst. Im Jahr 2000 gründete er seine eigene Kompanie, die Impure Company, die in ihrem künstlerischen Schaffen einen Schwerpunkt auf gesellschaftliches und politisches Engagement legt sowie seit ihrer Gründung über dreißig Produktionen hervorgebracht hat. Sharifis körperlich herausfordernde, intensive und kraftvolle Bewegungssprache untersucht Emotionen und Strukturen, die Hierarchien, Macht, politischen Systemen und Gewalt zugrunde liegen – vermittelt durch präzise Bewegungen und Bühnenbild. Zwischen 2014 und 2018 war Sharifi künstlerischer Leiter der norwegischen nationalen Tanzkompanie Carte Blanche in Bergen, wo er Werke wie Birthmark, We Are Here Together, Soufflette und Jerada choreographierte. Zu seinen eigenen Choreografien zählen unter anderem Shadows Remain Silent, das 2014 auf der Hauptbühne der Den Norske Opera uraufgeführt wurde, sowie While They Are Floating. Sharifi hat mit zahlreichen bedeutenden Institutionen zusammengearbeitet und seine Werke haben sowohl in Norwegen als auch international große Erfolge erzielt. Sprachen: Englisch, Farsi und Norwegisch.

© Tale Katrine Hendnes

Ali Moini, ein in Paris lebender iranischer Künstler, studierte Theater und arbeitete zunächst als Schauspieler im Iran. Berührungen mit zeitgenössischem Tanz in Europa führten jedoch zu einer grundlegenden Veränderung seines künstlerischen Schwerpunktes. Er wandte sich ab von rein textbasierten Performances und entschied sich, Choreographie und zeitgenössischen Tanz in Lissabon zu studieren. Dort arbeitete er mit Künstlern wie João Fiadeiro, Lisa Nelson, Deborah Hay und Meg Stuart zusammen. Im Jahr 2010 zog er nach Frankreich, um sein Studium der Choreografie und Performance in Angers fortzusetzen. Seine Werke wurden in Europa, Nordamerika und Südkorea an renommierten Veranstaltungsorten wie dem Centre Pompidou, New York Live Arts, Villa Medici und Montpellier Danse präsentiert. Mit seinem Hintergrund in Musik und Theater betrachtet Ali Körperlichkeit und Bewegung als essenzielle künstlerische Mittel. Häufig integriert er Objekte, Maschinen und Materialien in seine Arbeiten. Sein kreativer Prozess wird von offenen Fragen, (technischen) Herausforderungen und dem Unbekannten angetrieben und stützt sich weniger auf künstlerische Konventionen. Ali bildet sich weiter in den Bereichen Naturwissenschaft, Sozialwissenschaft und Gender Studies. Dieses Wissen fließt ebenfalls in seine künstlerische Praxis ein. Obwohl seine Arbeit nicht explizit politisch ist, zeigt sie ein nuanciertes Verständnis für politische Themen und für die Welt, in der wir leben. Neben seiner künstlerischen Arbeit unterstützt Ali Menschen mit Behinderungen, unter anderem im Autismus-Spektrum, und leitet kreative Bewegungsworkshops für Senioren. Diese Initiativen konzentrieren sich auf einen sozialen Schwerpunkt, neben künstlerischen Aspekten. Zudem unterstützt er aufstrebende iranische Künstler, indem er Workshops organisiert und ihnen über ein Projekt namens Mentora Zugang zu Residenzen erleichtert. Diese Initiative ermöglicht es den jungen Künstler*innen Soloperformances mit Unterstützung professioneller Mentoren zu entwickeln und stellt ihnen dieselben finanziellen, logistischen und produktiven Bedingungen zur Verfügung wie Künstler*innen in Europa. Sprachen: Englisch, Farsi und Französisch.

© Yann Gilbert

Zolfar ist eine interdisziplinäre Architektin, Künstlerin und Koordinatorin mit Sitz in Berlin. Als Afghanin der zweiten Generation ist sie tief in der Kunst- und Kulturszene der afghanischen Diaspora engagiert. Ihre Arbeit reicht von Architektur und Innenraumgestaltung bis hin zu politischen und sozialen Themen. Im Laufe der Jahre hat sie Workshops geleitet, Veranstaltungen koordiniert und geplant sowie eigene visuelle Konzepte entwickelt. Zudem war sie in Awareness-Teams bei Festivals, Veranstaltungen und Workshops tätig. Zolfar bringt ihre Erfahrung in interdisziplinärer Zusammenarbeit, künstlerischer Entwicklung und Community-Engagement ein. Neben ihrer freiberuflichen Tätigkeit ist sie Mitglied des Shur Collective, das kürzlich die Installation Sargardan (Revolving Heads) im Künstlerhaus Bethanien präsentierte.

© zolfar

Sara Nabil wurde 1994 in Kabul, Afghanistan, geboren und lebt derzeit in Frankfurt am Main. Sie studierte bis 2015 Politikwissenschaft an der Karwan-Universität. Noch im selben Jahr emigrierte sie nach Deutschland, wo sie ein Kunststudium begann. Aktuell absolviert sie ihren Master an der Hochschule für Gestaltung Offenbach. Bereits im Alter von 14 Jahren präsentierte Sara Nabil ihre Werke in „Make Art Not War“, der ersten Ausstellung für Künstlerinnen in Kabul, die später auch in Deutschland gezeigt wurde. Ihre künstlerische Laufbahn und ihr aktivistisches Engagement wurden maßgeblich durch ihre Erfahrungen mit Krieg, Extremismus und Unterdrückung in Afghanistan geprägt. Aufgrund ihres politischen Engagements geriet sie in ihrer Heimat zunehmend in Gefahr und musste schließlich fliehen. Sara Nabil versteht sich als politische Künstlerin. Deshalb analysiert sie in ihren Arbeiten Macht- und Gewaltstrukturen, reflektiert deren mögliche Konsequenzen, untersucht die Rolle der Frau in Afghanistan und verarbeitet ihre eigenen Erfahrungen als geflüchtete Frau. Seit 2006 engagiert sie sich künstlerisch im Center for Contemporary Arts Afghanistan und beteiligte sich an über 55 internationalen Ausstellungen, unter anderem in Deutschland, Frankreich, Norwegen, Spanien, den USA, Italien, Nepal, Indien und Chile. Sie ist Mitglied des Center for Contemporary Arts Afghanistan sowie Mitbegründerin des Women’s Art Center, Afghanistans erster und einziger Kunstinstitution für Frauen. 2011 wurde sie vom afghanischen Ministerium für Frauenangelegenheiten und der Khurasan Charity Foundation als wegweisende Künstlerin ausgezeichnet. Im Jahr 2014 gründete sie gemeinsam mit drei weiteren Frauen die Shamama Gallery, Afghanistans erste von Frauen initiierte Kunstgalerie. Im April 2022 initiierte Sara Nabil die Online-Bildungsplattform E-School AF, um afghanischen Mädchen Bildung zu ermöglichen, denen dies durch das Taliban-Regime verwehrt wird. Ihre Werke sind in bedeutenden Sammlungen vertreten, darunter in der Artothek des Deutschen Bundestages und der Kunsthalle Mannheim. 2018 war sie für den renommierten ars viva-Preis nominiert. Sara Nabil setzt sich weiterhin engagiert als Künstlerin und Verteidigerin für Frauen- und Menschenrechten ein.

© Sara Nabil

Hintergründe und Relevanz – Warum wir ein Mentoring-Programm anbieten?

 Der Fokus auf Entwicklungen in Afghanistan hat in Deutschland, nach kurzer und großer Aufmerksamkeit nach der Machtübernahme der Taliban in 2021, wieder stark abgenommen. Wir halten es im Zuge dessen für relevant, Solidarität zu zeigen und tun dies, unseren professionellen Profilen entsprechend, im Bereich der darstellenden Künste und innerhalb der freien Tanzszene Berlins. Zudem nehmen wir nach wie vor eine inhaltlich eingeschränkte und teils chliché-behaftete Sichtbarkeit von Künstler*innen aus Afghanistan wahr, besonders im Bereich der darstellenden Künste, die den aktuellen heterogenen Lebensrealitäten sowie künstlerischen Auseinandersetzungen und Fragen nicht gerecht wird. Für relevant halten wir nicht zuletzt die Umsetzung des Mentoring-Programms in einer Stadt wie Berlin, als einem der Zentren politisch vielschichtiger Diskussion zu Themen wie forced migration, Positionen des Exils, politischer Widerstand, Kunst und Feminismus. Wir sehen an einem Standort wie Berlin das Potenzial, Menschen zusammenbringen und Ansätze entwickeln zu können, die langfristig nutzbare Strukturen des künstlerischen und politischen Dialogs anvisieren.

Uns ist bewusst, dass…

…Eine Auswahl der Teilnehmenden durch tanzpol Fragen zu Hierarchien und Machtgefällen aufwerfen kann. Wir möchten Arbeitsweisen unterstützen, die vielfältige Erfahrungen und Lebenswelten repräsentieren. Wenn du möchtest, kannst du im Sinne einer Selbstpositionierung in der Bewerbung entsprechende Angaben machen oder auch Bedenken und/oder Fragen formulieren.

…Die Tatsache, dass zwei Mentoren Iranischer Herkunft sind Sensibilität gegenüber möglichen politischen und sozialen Geschichten der Diskriminierung und Marginalisierung von Afghan*innen im Iran und der Diaspora erfordert. Wir möchten uns diesen Realitäten bewusst stellen, Awareness fördern und unser Skill-Set erweitern, indem wir mit den Künstler*innen Sara Nabil und Zolfar zusammenarbeiten, die den Mentoring-Prozess in beratender Funktion begleiten.

Barrierefreiheit:

   Das Mentoring-Programm ist das erste Format dieser Art, das tanzpol umsetzt. Aus diesem Grund war es uns finanziell und organisatorisch nicht möglich, einen Schwerpunkt auf weitreichende Barrierearmut zu legen. Wir möchten aber dennoch interessierte Personen mit besonderen Bedürfnissen ermutigen sich zu bewerben. Unter stehen wir für Fragen vorab jeder Zeit zu Verfügung und bieten an, an individuellen Lösungen zu arbeiten, die eine Teilnahme ermöglichen.

Bewerbung

   Die Bewerbung kann auf Farsi, Englisch oder Deutsch eingereicht werden.
   Die Bewerbung sollte beinhalten:

• Deine Daten (Name, Adresse, Telefon, E-Mail)
• Video-Material deiner künstlerischen Praxis/deines Projekts (max. 3 min.!)
• Einen kurzen Text (max. 300 Wörter!), der sich auf eine oder mehrere der folgenden Fragen bezieht:
        – Was interessiert und/oder beschäftigt dich künstlerisch?
        – Was inspiriert dich im Rahmen deiner künstlerischen Arbeit?
        – Was erwartest du vom tanzpol Mentoring-Programm?
• Deinen aktuellen Lebenslauf (max. 1 Seite)

Schicke deine Bewerbung an:

Bei Fragen vorab wende dich jeder Zeit an: